Eine wohlverdiente Klatsche für die Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht
Im Artikel 20a des Grundgesetzes wird festgelegt, dass „…auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen…“ geschützt werden müssen. Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung nun attestiert, dass sie dieser Verpflichtung mit dem Klimaschutzgesetz nicht ausreichend nachkommt. Das ist ein Riesenerfolg! Ein Erfolg den die Zivilgesellschaft errungen hat, denn die ursprünglich vom Solarförderverein initiierte Klage wurde von vielen großen Umweltverbänden gemeinsam gestützt. Aus solchen Gründen empfehlen wir bei climactivity jedem und jeder Mitglied bei einem der Verbände zu werden, die sich für Klimaschutz einsetzen.
Die Richter:innen stützen sich bei ihrem Urteil auf das Konzept des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) eines CO2-Budgets für Deutschland, das auf der Basis einer Gleichverteilung des globalen Restbudgets auf alle Menschen dieser Erde ermittelt wird. Dieses Konzept ist, wie der SRU selber sagt, noch großzügig für Deutschland, weil es weder die historischen Emissionen berücksichtigt und die globalen Emissionen zugrundelegt, die nur die Einhaltung einer 1,75-Grad-Grenze mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 % erlauben. Trotzdem ging die Festlegung auf ein solches Budget sogar dem Umweltministerium schon zu weit; in alle anderen Teilen der Regierung war die Ablehnung noch viel deutlicher. Die Regierung wollte sich einfach gar nicht festlegen, an welchem Budget sie sich orientiert. Ab jetzt muss jed:e Politiker:in diesen Maßstab verwenden oder eine gute Begründung abgeben, warum er/sie etwas anderes verwenden möchte als das Konzept, welches das Bundesverfassungsgericht herangezogen hat.
Die Richter:innen rügen, dass durch die Ausgestaltung des Klimaschutzgesetzes eine Ungleichverteilung der Lasten erfolgt, die zu Ungunsten derjenigen ausfällt, die nach 2030 mit drastischen Maßnahmen werden leben müssen. Das ist sehr begrüßenswert. Was allerdings nicht wirklich überzeugend ist: Das Urteil verpflichtet die Bundesregierung nur dazu, für die Zeit nach 2030 früher als geplant (bis 2022 statt erst 2025) konkrete Reduktionsziele festzulegen (s. z.B. hier). So soll der notwendige Umbau rechtzeitig geplant und von den Betroffenen vorausschauend berücksichtigt werden können. Da aber bei Beibehaltung des wenig ambitionierten Klimaziels für 2030 fast das ganze Budget bis dahin schon aufgebraucht sein würde, bedeutet das nur, dass wir jetzt schon wissen, dass die Verteilung der Lasten zwischen dem aktuellen und dem nächsten Jahrzehnt sehr ungerecht sein wird. Eine generationengerechte Klimapolitik erfordert zwingend eine drastische Anpassung des Klimaziels für 2030. Die Zeit, auf ein neues Urteil zu einem neuen Klimaziel zu warten, haben wir nicht; dann ist ein weiteres halbes Jahrzehnt vergangen. Es ist und bleibt also sehr wichtig, dass wir Druck von der Straße her ausüben, Leute an die Hebel der Macht wählen, die wenn möglich nicht erst gerichtlich zu Klimaschutz gezwungen werden müssen, und viele Menschen davon überzeugen es uns gleich zu tun.